„Die energetische Sanierung folgt der Vision des Unternehmens"
Sebastian Fest ist Architekt sowie DGNB-Auditor und Sachverständiger für Nachhaltiges Bauen (ARCHIprocess GmbH). Seit 2021 begleitet er Knauber intensiv bei der nachhaltigen Entwicklung der gesamten Liegenschaft.
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Herr Fest, Sie haben den Auftrag, ein energieeffizientes Gesamtkonzept für Knauber zu erstellen. Was beinhaltet das? Was sind die Ziele?
Wir haben einen Masterplan mit Dekarbonisierungspfad bis 2026 für die gesamte Liegenschaft mit zwei Teilprojekten. Zum einen betrifft dies das historische Bürogebäude der Knauber Unternehmensgruppe aus den 1970er Jahren, zum anderen die gesamte Marktfläche des Einzelhandels (Baumarkt und Apotheke). Beide Vorhaben sind Sanierungsprojekte ohne räumliche Veränderungen. Für den Markt planen wir die Umsetzung des „EFH 70 ee Standards“, für das Bürogebäude den „EFH 40 ee Standard“ gemäß den BEG-Förderrichtlinien des Bundes. EFH bedeutet Energieeffizienzhausstandard, für den wir gemeinsam mit dem Energieberater ecoUP und dem Bauherrn 2022 erfolgreich Fördermittel als Investitionszuschuss gestellt haben. Knauber hat sich dabei bewusst für eine Komplettsanierung, statt für die Umsetzung sogenannter Einzelmaßnahmen entschieden.
Die Ziele der Sanierung für das Teilprojekt Marktfläche umfassen: die vollständige Sanierung der Gebäudehüllen: das sind alle Dächer, Außenwände und Sockel bis mind. 80cm unter Gelände. Dafür werden vor allem Dämmmaßnahmen durchgeführt. Nebenbei wird so die gesamte Gebäudehülle instandgesetzt, architektonisch aufgewertet und die Immobilie fit für den nächsten Lebenszyklus gemacht. Außerdem werden alle Fenster, Türen, Glasfassaden und Glasdächer durch energieeffiziente Fenster, Türen und Polycarbonatfassaden ersetzt. Das Bürogebäude erhält eine begrünte Fassade zur Endenicher Straße und eine recycelte Fassade aus Aluminium auf der Rückseite.
Gemäß der Fördermittelkriterien wird zudem die komplette Energieversorgung umgestellt: von bestehender Gasbrennwerttechnik (wassergeführt, mit externem Strombezug) auf neue Luftwärmepumpen (strombasierend, mit PV-Eigenproduktion).
Schlüsselfaktor ist die 1,2 MW große PV-Anlage, welche sich auf den Dächern des Marktes und dem neuen Parkhaus erstreckt. Sie liefert den erforderlichen Strombedarf für den gesamten Gebäudekomplex. Mit allen Maßnahmen zusammen senken wir die CO₂-Emissionen von gegenwärtig 55 kg/m²a auf 14 kg/m²a.
Was haben Sie bereits umsetzen können?
Der wichtigste erste Schritt zu Beginn der Planung war das Aufstellen des Masterplanes und des Energiekonzeptes für die gesamte Liegenschaft. Daraus wurde der Dekarbonisierungspfad mit Maßnahmen entwickelt, welche im Zeitraum von 2022 bis 2026 umgesetzt werden. Auf dieser Grundlage sind wir in die eigentliche Sanierungsplanung gestartet. Bisher umgesetzt haben wir die energetische Sanierung fast aller Dachflächen. Aktuell laufen die Sanierung der Fassaden. Ein wichtiger Meilenstein war auch die Erneuerung der Trafoanlage - dem Herzen der Energieversorgung. Damit konnten wir beginnen, die gleichzeitig errichteten PV-Dächer auf dem Parkhaus und den Gewächshaushallen ans Netz zu bringen.
Was sind die größten Herausforderungen?
Zweifelsohne ist die größte Herausforderung das Bauen im laufenden Betrieb. Der Gebäudebestand hält zudem immer wieder unvorhergesehene Überraschungen hinsichtlich des Brandschutzes und der Bausubstanz bereit. Wir sind dann gefordert, bereits einmal durchdachte Lösungen weiterzudenken und baubegleitend die Planung immer wieder anzupassen. Der sichere Betrieb aller Nutz- und Mietflächen und damit die Zufriedenheit der Kunden, Mitarbeiter und Besucher hat oberstes Gebot. Das ist im Baustellengeschäft eine immense Herausforderung.
Unvorhergesehenes im Bestand hat natürlich auch immer Kostenveränderungen zur Folge, sodass wir immer wieder gegensteuern müssen, um das Budget einzuhalten und den Fördermittelkriterien gerecht zu werden.
Technisch besonders herausfordernd war vor allem der Einbau der neuen Trafoanlage im laufenden Betrieb. Das war wie ein OP am offenen Herzen. Außerdem hatten wir auf dem historischen Baubestand einige statische Herausforderungen mit der Planung der PV-Flächen. Deshalb mussten wir spezielle PV-Module suchen, die den Standorteigenschaften genügen: Ganzglas-Module auf dem Parkhaus, superleichte geklebte PV-Module auf den Gewächshaushallen und leichte geklebte PV-Hybridmodule auf dem Dach der Baumarkt-Hallen.
Was sind die nächsten Schritte?
Für die komplexe Bürogebäudesanierung des historischen Bestandsgebäudes wurde der Bauantrag bereits eingereicht und die Ausführungsplanung abgeschlossen. Im August 2025 startet dann die Baustelle am Bürogebäude, bei der wir alle Fassaden sanieren. Die Arbeiten werden ca. ein Jahr in Anspruch nehmen. Zusätzlich werden beim Markt-Gebäude verbleibende Fassaden und Dächer saniert, PV-Anlagen ergänzt sowie die Lüftungszentralen getauscht und um Wärmepumpen ergänzt.
Sie kennen unser Haus nun schon lange Jahre. Gibt es bei Knauber eine Besonderheit, die man hervorheben kann?
Immer wieder steht bei Knauber bei all der Innovationskraft und dem fortschrittlichen Unternehmertum die bewusste Wahrnehmung des Menschen im Vordergrund. Knauber nehme ich als Unternehmen von Menschen für Menschen generationsübergreifend wahr. Das ist nicht selbstverständlich und bemerkenswert. Natürlich müssen Entscheidungen schlichtweg finanziell und marktgerecht getroffen werden, aber der besondere Anspruch ist, jede Entscheidung validiert und verantwortungsvoll zu treffen. Die energetische Sanierung folgt der Vision des Unternehmens, die eigenen Markenwerte authentisch und visionär nach außen und innen zu verkörpern. Dieser Prozess der nachhaltigen Umgestaltung hat sich in den letzten Jahren merklich beschleunigt. Als ARCHIprocess sind wir natürlich mega stolz daran mitzuwirken und Impulse zu setzen.